Gespräch gestern mit einem Onkel – 70 Jahre – Rentner – lebenslang Religionslehrer – total zufrieden mit allem, was in der Gesellschaft läuft.
Da treffen sich zwei Menschen, die im gleichen Land wohnen, die gleiche Sprache sprechen und doch von zwei verschiedenen Planeten kommen. Es war spannend und interessant.
Ich frage mich schon seit Langem, wie es so viele Menschen schaffen, die Ausgrenzung, die hier stattfindet, mit guten Gewissen entweder zu tolerieren oder sogar gutzuheißen.
Gestern bekam ich endlich eine Antwort. Juhuuu
Es ist absolut in Ordnung, eine Zwei-Klassengesellschaft zu erschaffen, weil ja die Minderheit eine WAHL hat.
Da war es endlich. AHA! Ich grenze mich mit meiner Entscheidung also selbst ab.
Es tut mir leid, auf so etwas bin ich einfach nicht gekommen. Bin ich zu doof?
Der größte Unterschied zwischen uns beiden ist aber nicht die I.-Entscheidung, sondern unsere Beziehung zum Kollektiv.
Wir sind alle Individuen und gleichzeitig sind wir ein Teil eines Kollektivs.
Die individuellen Entscheidungen dürfen so oder so ausfallen – sie müssen überhaupt nicht in Übereinstimmung mit den Entscheidungen, Bestrebungen und Interessen des Kollektivs liegen.
Seine Beziehung zum Kollektiv, zu der Gesellschaft ist positiv und von Vertrauen geprägt. In seiner Welt treffen Politiker ihre Entscheidungen zum Wohle des Kollektivs.
Ich meiner Welt ist es ganz anders. Ich sehe das Kollektiv als ein Wesen, dass in meinen Augen nicht besonders weise handelt, keine ganzheitlichen Entscheidungen trifft und zu Ungerechtigkeiten und Gewalttaten neigt.
Es gab nur eine Sache, über die wir uns einig waren. Diese Gesellschaft befindet sich im großen Umbruch.
Was ich die letzten Jahrzehnte sehr stark wahrnehme, ist die veränderte Beziehung eines Einzelnen zum Kollektiv.
Die kollektiven Normen und Gesetze – mag es die Einstellung zur Ehe, Erziehung, Tradition usw. sein, weicht immer mehr einem Individualismus.
Ich schaute mir die neueste Version der drei Nüsse für Aschenputtel an und musste echt schmunzeln.
Da wird das Aschenputtel gefragt, ob sie den Prinzen heiratet und sie sagt neee – noch nicht – wir kennen uns ja kaum.
Als sie den Prinzen fragt, warum er es möchte - sagte er:“ Weil man es halt so macht.“ Sie antwortet: „Wir können machen, was wir wollen!!“
Besser könnte man unsere Gesellschaft gar nicht beschreiben.
Wir spalten uns. Es ist nicht nur C.-Krise, die es tut. Es ist etwas viel Tieferes.
Es ist der Ruf nach Individualismus.
Es hat Vorteile, den Weg des Kollektivs über dem des Individuums zu stellen.
Schaut nach China. Sie ist wirtschaftlich immer besser aufgestellt, wird wahrscheinlich der globale Gewinner sein.
Ich merke selbst, dass auch in mir ein Teil wieder in die Arme des Kollektivs senken möchte. Irgendetwas in mir will sich auch einreihen, mit dem Kollektiv verschmelzen, kein Eigensüppchen mehr kochen. Ich war auch mal ein Affe und die sind Gruppentiere.
Ich bin aber seitdem ich denken kann, ein Außenseiter.
Ich fühlte, dachte und handelte immer anders als allgemein üblich.
Das kollektive Bewusstsein, seine Ziele und Interessen waren mir immer fremd. Ich fühlte mich im Kollektiv nie zu Hause.
In mir brennt ein Feuer, das nach einer Erneuerung ruft – nach Veränderung – nach Eigenverantwortung und SELBSTERMÄCHTIGUNG.
Seit zwei Jahren befinde ich mich mehr denn je in einer Auseinandersetzung mit dem Kollektiv – nicht im Streit – nur in einer Auseinandersetzung.
Ich heilte und harmonisierte die Beziehung zu mir selbst, die Beziehung zu meinen Mitmenschen.
Jetzt ist die Zeit für mich eine neue Beziehung zum Kollektiv zu finden.
Damit bin ich wohl nicht alleine. Oder?
Wie ist deine Beziehung zum Kollektiv? Magst du sie beschreiben?